Unwetterlage Deutschland Ende Juli 2014 - Extremregen in Münster


Allgemeines

Ende Juli 2014 gab es in vielen Teilen Deutschlands Unwetter in Form von heftigen Gewittern mit Starkregen und Hagel. Stellenweise kamen im Bereich der Gewitter sehr große Regenmengen zusammen, die zu erheblichen Überschwemmungen führten. Besonders betroffen war am Montag, den 28.07.2014 die Stadt Münster in NRW, wo innerhalb weniger Stunden weit mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter fielen. Hier waren unzählige Straßen und Keller überschwemmt, ein Mensch starb in seinem überfluteten Keller.

Münster
Abb. 1: Überschwemmungen in Münster. Dieses Foto wurde bei Twitter veröffentlicht.

Münster
Abb. 2: Münstersche Aa kreuzt bzw. überflutet den Ring. Auch dieses Foto wurde bei Twitter veröffentlicht und uns mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung überlassen.


Wetterlage Deutschland

An der Südseite eines umfangreichen Hochs über Skandinavien setzte sich nach dem 20.07.2014 sehr warme Luft in Mitteleuropa durch. Ab dem 24.07.2014 verlagerte sich ein vor allem in höheren Schichten der Troposphäre ausgeprägtes Tief von Osten her nach Deutschland. Es war angefüllt mit höhenkalter Luft. Ein solches Höhentief wird daher auch als Kaltlufttropfen bezeichnet. Diese höhenkalte Luft führte zu einer Labilisierung der feuchtwarmen und damit energiereichen Luft und die Schauer- und Gewitterneigung nahm von Tag zu Tag zu. Da im Bereich des Höhentiefs kaum Höhenströmung herrschte, zogen die Schauer- und Gewitterzellen nur sehr langsam oder gar nicht und luden stellenweise enorme Regenmengen ab.

Isobarenkarte
Abb. 3: Animation Isobarenkarten von Sonntag, 20.07.2014, 14 Uhr bis Dienstag, 29.07.2014, 14 Uhr MESZ in 1-Tages-Schritten

Am Montag, den 28.07.2014 stellte sich eine besondere Wettersituation ein. Ein neues Höhentief verlagerte sich von den Britischen Inseln in den Nordwesten Frankreichs. Das im Bodendruckfeld vorgelagerte, jedoch kaum auszumachende Gewittertief QUINTIA zog indes über den Norden und Nordosten Frankreichs hinweg. Es erreichte in der Nacht zu Dienstag, den 29.07.2014 die Mitte Deutschlands. Ihr Frontensystem bestand im Wesentlichen durch eine wellende Kaltfront, die sich im Laufe des Montags von Südwesten her langsam in den Westen und Südwesten Deutschlands schob.

Sie kam bis zum Montagabend etwa auf eine Linie vom Münsterland über das Sauerland bis zum südwestlichen Baden-Württemberg voran. Ziemlich genau über Münster verharrte die Front über mehrere Stunden nahezu ortsfest und wurde am späten Abend und in der Nacht zum Dienstag als Warmfront langsam wieder nach Westen zurückgedrängt, während die Front im Südwesten ihren Kaltfrontcharakter beibehielt und sich weiter nach Osten vorarbeitete. Die Verlagerung des Tiefs QUINTIA vom Nordosten Frankreichs in die Mitte Deutschlands verursachte dabei die langsame Verlagerung und das Rückläufigwerden der Front an ihrer Nordseite.


Auswirkungen Deutschland

Bereits am Sonntag, den 27.07.2014 kamen im Bereich der oft stationären Gewitterzellen lokal größere Regenmengen zusammen. So fielen in Holzdorf, Sachsen-Anhalt innerhalb weniger Stunden 57 l/m². Am folgenden Tag bildeten sich erneut kräftige Schauer und Gewitter, die sehr langsam zogen. An zahlreichen Wetterstationen wurden innerhalb von 1 bis 2 Stunden Summen von mehr als 50 l/m² gemessen. Dabei wurden einzelne Orte von mehreren Gewitterzellen nacheinander getroffen und bekamen so extreme Regenmengen ab.


Extremregen in Münster

Radarloop
Abb. 4: Niederschlagsradar-Animation von Montag, 28.07.2014, 13:45 Uhr bis Dienstag, 29.07.2014, 01:30 Uhr MESZ in 5minütigen Zeitschritten

Durch die die stationäre und allmählich rückläufig werdende Kaltfront über dem Münsterland zogen ab Montagmittag, den 28.07.2014 bis in die Nacht zum Dienstag, den 29.07.2014 immer wieder kräftige Schauer und Gewitter von Süden und Südosten her über die Stadt Münster hinweg. Die Schauer und Gewitter konnten stets feuchtwarme bis -heiße und energieträchtige Luft von Ostwestfalen her ansaugen und gegen die von Westen und Südwesten her nachrückende weniger warme Luft führen. In der Folge reaktivierten sie sich Schauer und Gewitter entlang der über Münster liegenden Luftmassengrenze ständig neu oder gingen zeit- und gebietsweise in länger andauernden unwetterartigen Starkregen über. Den genauen Verlauf der Ereignisse können Sie mithilfe unserer obigen Niederschlagsradaranimation verfolgen.

An der MeteoGroup-Wetterstation in Münster (NRW) wurde mit 122,2 l/m² ein neuer Allzeitrekord für den Tagesniederschlag aufgestellt. An dieser Stelle in Münster war mindestens seit 1851 noch nie so viel Regen an einem einzigen Tag gefallen. Der alte Rekord stammt mit 97,6 l/m² vom 29. Juni 1981. Allerdings lag die Wetterstation bei weitem nicht im Zentrum des Unwetters. Zwei Kilometer weiter nördlich fielen am Geo-Institut der Universität Münster 162 und weiter nordöstlich an einer privaten Station eines Kollegen 165 l/m². Nach Auswertung des Niederschlagsradars und der damit erstellten Summenkarte muss stellenweise von 175 bis 200 l/m² ausgegangen werden. Von einer Station des Landesumweltamtes wurde sogar eine Menge von 292 l/m² innerhalb von sieben Stunden gemeldet. Nach langjährigen Mittelwerten fallen in Münster im gesamten Juli 69 l/m².

Niederschlagssummenkarte
Abb. 5: 24stündige Niederschlagssummenkarte von Montag, 28.07.2014, 8 Uhr bis Dienstag, 29.07.2014, 8 Uhr MESZ


Auswirkungen NRW/Münster

In der Stadt Münster brach das öffentliche Leben in den meisten Stadtteilen weitgehend zusammen. Hunderte Keller liefen voll und auf den Straßen stand das Wasser stellenweise mehr als einen halben Meter hoch. Ähnlich schlimm sah es in Greven bei Münster aus. Die Autobahn A1 war im Abschnitt Münster – Greven kaum noch passierbar. Ein älterer Mann starb tragischerweise in seinem Keller bei dem Versuch, das Wasser aufzuhalten.


Warnungen

Bereits am Sonntagabend, den 27.07.2014, erfolgte um 20:28 Uhr eine Vorwarnung vor heftigen Gewittern für die Stadt Münster, gültig ab Montagmittag bis zum Dienstagmorgen. Darin hieß es „Ab Montagmittag sind in schwülwarmer Luft immer wieder kräftige Schauer und Gewitter möglich. In deren Bereich sind Starkregen, Hagel und Sturmböen möglich. Wenn mehrere Starkregenschauer oder Gewitter über die gleiche Region hinwegziehen oder mangels Höhenströmung nahezu ortsfest verweilen, können dabei innerhalb mehrerer Stunden lokal eng begrenzt Niederschlagssummen zwischen 40 und 70 Liter pro Quadratmeter zusammenkommen, punktuell auch darüber. Wie üblich bei solchen Wetterlagen wird es nicht jeden treffen und es wird naturgemäß Gebiete geben, in denen das volle Gefahrenpotenzial dieser Wetterlage nicht ausgeschöpft wird. Am Dienstagmorgen lassen Schauer und Gewitter voraussichtlich erst einmal wieder nach.“ Akutwarnungen der Stufe ROT und VIOLETT für die Stadt Münster erfolgten am 28.07.2014 jeweils kurzfristig.

Warnungen
Abb. 6: Die Tageskarte der Warnungen der Unwetterzentrale zeigt alle Warnungen, die am Montag, 28.07.2014 gültig waren


Fazit

Die Unwetterlage Ende Juli 2014 gehört zu den heftigsten sommerlichen Lagen der vergangenen Jahre. Zeitweise waren am 28. und 29. Juli mehr als 100 Gewitterzellen gleichzeitig in Deutschland unterwegs. Die in Münster gefallenen Regenmengen stellen dabei ein Jahrhundertereignis dar. Hier zogen gleich mehrere starke Gewitter nacheinander über dasselbe Gebiet hinweg.


Diese Zusammenstellung wurde von Thomas Sävert und Stefan Laps, Meteorologen der MeteoGroup Unwetterzentrale, im August 2014 erstellt.

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